Am Sonntag nach Fronleichnam begleitet die Musikkapelle Engerazhofen den Festgottesdienst mit anschließender Prozession der Pfarrei St. Elisabeth in der Kirche St. Sebastian im Berliner Stadtteil Wedding. Viele hunderte, wenn nicht sogar tausend Menschen aus den 6 Gemeinden der Pfarrei besuchen nach einer dreijährigen Corona-Zwangspause den festlichen Gottesdienst. Bis hinaus vor die Tore der Kirche stehen sie, um der Feier beizuwohnen. Die Musikkapelle Engerazhofen untermalt mit weltlichen und kirchlichen Musikstücken wie „Musica Gloriosa“ und „Gottheit tief verborgen“ den Gottesdienst. Die Prozession führt unter der musikalischen Begleitung der Allgäuer Musikkapelle um den Straßenzug der Kirche St. Sebastian. Beim anschließenden Beisammensein genießen die Besucher nicht nur die verschiedenen international-kulinarischen Köstlichkeiten, sondern auch Märsche wie „In Harmonie vereint“ beim Standkonzert der Engerazhofer.
Musik, Glauben und der Gemeinschaftssinn vereinen die Menschen aus dem ursprünglichen Allgäu und dem urbanen Berlin miteinander.


Organisator und ehrenamtlicher Mitarbeiter der katholischen Kirchengemeinde, Georg Mesus, verlor vor 30 Jahren bei einem Familienurlaub auf einem Bauernhof in Reichenhofen sein Herz an das schöne Allgäu. Seit diesem Urlaub kehrt er jährlich zurück. Es entstehen Bekanntschaften, auch Freundschaften und die Idee einmal im Jahr eine Musikkapelle aus dem Allgäu nach Berlin zu holen. So lädt Mesus schon seit 2001 Musikkapellen aus dem Allgäu ein. Die Reichenhofer Musikkapelle machte den Anfang. „Es ist einfach schön, immer wieder Freunde zu treffen und neue Freundschaften zu schließen. Diese Tradition wird fortgesetzt. Mit der Musikkapelle Wuchzenhofen bin ich im Gespräch für den Besuch im nächsten Jahr. Danach folgen eventuell Schloß Zeil und Diepoldshofen“, erzählt Georg Mesus.

2020 seien die Engerazhofer an der Reihe gewesen, doch Corona machte der Konzertreise einen dicken Strich durch die Rechnung. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben und so fährt Vorstand Alfred Sipple mit 33 Mitgliedern der Musikkapelle Engerazhofen am Donnerstag, den 8. Juni 2023, nach Berlin.

Nach zehn Stunden Busfahrt begrüßen die Mitglieder des Albertusheim e.V. die Musikkapelle herzlich und sorgen mit Grillwürsten und Salatbuffet für das leibliche Wohl in der zeitweiligen Unterkunft im Grünen in Friedrichshagen. Gedankt wird mit einem Ständchen unter der musikalischen Leitung von Johannes Sgier, der später den Taktstock kurzerhand an Georg Mesus weitergibt, der ihn aber liebevoll seinem Sohn Johannes reicht. „Hier im Albertusheim erlebte ich 2007 die Geburtsstunde der Band Woizahuper mit, als sich ein paar Musikanten aus der Jugendkapelle spontan zusammensetzen und musizierten“, erinnert sich Mesus.

Am Freitagmorgen startet das Besichtigungsprogramm an der Baden-Württembergischen Landesvertretung im Regierungsviertel in Berlin. Nach einem Ständchen informiert ein Kurzfilm über die Aufgaben der Landesvertretung im Bundesrat. Während der anschließenden Besichtigung des Gebäudes können die Allgäuer die Bibliothek besichtigen, in der die Koalitionsverhandlungen zwischen Angela Merkel und Christian Lindner geführt wurden. Eine eindrucksvolle Wendeltreppe aus Kirschholz führt zur Dachterrasse. Interessant für alle Allgäuer und Bierliebhaber ist noch zu wissen, dass Oskar Farny aus Dürren, Brauereibesitzer und Politiker (CDU), von 1953 bis 1960 als Minister für Bundesangelegenheiten in der Landesvertretung BW arbeitete. Bei einem damaligen Besuch hätte er sicherlich für ein kühles Kaltgetränk gesorgt.

Nach der Besichtigung Landesvertretung geht es zum Holocaust-Mahnmal, bestehend aus 2711 Betonstelen, durch das Brandenburger Tor weiter im politischen Sinne mit dem Besuch der Reichstagskuppel, die über dem Plenarsaal erbaut ist, in dem der Bundestag debattiert. Eine Busrundfahrt durch die Stadt verschafft weiteren sehenswürdigen Überblick. Und im Stadtteil Tiergarten klingt im Biergarten der Tag aus.

Der Samstag beginnt, wie jeden Morgen, mit den frisch gelieferten Schrippen (auch genannt Wecken, Semmeln, Brötchen, usw.), vom Reiseleiter Georg Mesus persönlich von seinem Lieblingsbäcker organisiert. Dafür nimmt Mesus die 40-minütige Fahrt von seinem Zuhause zum Albertusheim in Friedrichshagen gern auf sich. Die Stärkung bedarf es auch im Hinblick auf die schwere Kost des nächsten Ausflugs, dem Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen. Schwere Kost, weil man zum Einen die dunklen und sauerstoffarmen Zellen sieht oder die psychisch mürbemachenden Stasi-Methoden erfährt. Oder zum Anderen nun weiß, dass die ehemaligen Mitarbeiter teilweise im angrenzenden Wohngebiet leben. Einer von ihnen arbeite immer noch als praktizierender Psychologe.
Weiter geht es zur Mauergedenkstätte mit Blick vom Aussichtsturm auf einen erhaltenen Grenzstreifen. Danach fährt die Musikkapelle mit dem Schiff über die Spree. Nach der Schiffsrundfahrt geht es in die individuelle Freizeitgestaltung über mit Schloss-, Kirchen- und Stadtbesichtigung. Am späten Abend bringt der Bus die Kapelle zurück zur Übernachtungsmöglichkeit in Friedrichshagen. Beim gemütlichen Zusammensitzen endet der Tag.

Rückblickend sind sich alle einig, die Konzertreise gilt einfach als rundum gelungen. „Ich habe ausschließlich positive Rückmeldungen von den Gemeindemitgliedern von St. Elisabeth erhalten. Nach drei Jahren Coronapause war das ein gelungenes Fest.“


Bericht von Natalie Salevsky

 

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